Hans Hirche
once upon a time gab es dfue...
Mitte und Ende der 80'er Jahre war ich wie wenige andere in meiner Freizeit unterwegs per Dfue - Datenfernübertragung - einwählen in andere Computer, sogenannte Mailboxen über die Telefonleitung.
Zu dieser Zeit existierte noch nicht das Internet. Statt dessen waren professionelle Netzwerke verbunden über Datex-P Leitungen welche für private Nutzer einfach zu teuer waren. Der damalige Post Minister Schwarz-Schilling war noch in "Amt und Würden" und machte das Leben der frühen Datenreisenden - den Usern - schwierig.
Mailboxen in denen ich User war:
KIS (Krefelder Info Service)
Skyhigh
Megalon (Mailbox mit mehreren Telefonanschlüssen, man konnte mit anderen Usern online "chatten"
Saturn (Köln)
...
Anfangs über Akustikkoppler mit 300 Baud (man konnte Texte bei der Übertragung bequem mitlesen) und später mit einem Modem (Hayes AT-Befehlssatz) von 1200 Baud bis später 7200 Baud.
Den ein oder anderen SysOp (Betreiber einer Mailbox, System Operator) habe ich damals persönlich kennengelernt. Ich erinnere mich noch gut wie Rudolf, SysOp des Krefelder Info Service - KIS - mir seine Erlebnisse mit der Post (unangenehme Hausbesuche) schilderte betreffend seiner automatischen Telefonhörer Abnahmeeinrichtung.
Diese hob bei einem eingehenden Anruf selbstständig den Hörer vom Telefon ab und legte diesen auf einen Akkustikkoppler ab. Man muss wissen, dass damals zu sehr hohen Preisen lediglich "schlechte" Modem seitens der Post bereitgestellt wurde. Diese konnten sich Privatpersonen meistens nicht leisten und man entwickelte kreative Eigenlösungen welche seitens der Bundespost in der Regel verfolgt und geahndet wurden. Man behauptete, dass man unzulässig die Postanlagen verändert habe. In der Regel endete so etwas bei der Staatsanwaltschaft(!). Dieses automatisierte abheben des Hörers inklusive ablegen auf einen Akustikkoppler wurde als solche unzulässige Veränderung gewertet, obwohl an dem Telefon, wie auch der Telefonleitung nicht verändert wurde.
Später, nachdem sich durch eine anerkannte unabhängige Prüfungsgesellschaft herausstellte, dass die seitens der Bundespost verbotenen import Modem (z.B. Hayes-Modem) genauso gut - oft sogar besser - waren wie die Post Modem und der argumentationstechnische Grund eines Überspannungsschutzes bei Blitzeinschlag genauso wenig effektiv war wie bei den Importgeräten, war das Eis endlich gebrochen und eine deutliche Erhöhung der Geschwindigkeit im Datenreisen war endlich möglich.
Die Presse berichtete über Hacker-Angriffe auf Großrechner und es gründete sich der CCC - Chaos Computer Club. Ebenso griffen die Medien die neue Technik auf und Sendungen zum Thema Computer wurden ausgestrahlt. Der NDR bot die Bauanleitung zu dem NDR Klein-Computer Bausatz an. Ein PASCAL basierter Computer mit befehlsorientierter Benutzeroberfläche und der WDR startete mit der Ausstrahlung des WDR-Computerclub welcher über viele Jahre gesendet wurde.
Nach und nach entwickelten sich immer besser vernetzte Systeme welche auch heute noch aktiv und funktionsfähig sind:
MAUS-Net
Fido-Net
Compuserve
AOL
und heute das Internet
Browser gab es noch nicht. Man war mit Terminal-Programmen "unterwegs". Meistens mit der auch heute noch verwendeten VT100 Emulation. Es wurden ebenso noch heute verwendete Übertragungsprotokolle entwickelt. Z.B. stammt das X-Modem Protokoll aus dieser Zeit.
Keine Ahnung wie eine Mailbox damals ungefähr aussah? Dann einfach dem Link auf die BLUP-BBS folgen.
Hans Hirche
dfue